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Was macht ein FAMI in Schweden?

Von Martin Briel, Auszubildender bei ZB MED

Während ich in meinem gefühlt fünfzigsten und glücklicherweise letzten Praktikum in dieser Ausbildung sitze und diesen Artikel schreibe, erinnere ich mich gerne an ein Praktikum zurück, dass ich im Herbst 2016 absolviert habe. Damals habe ich für anderthalb Monate in Schweden gelebt und gearbeitet. Dass das nicht immer (aber meistens) schön war, erzähle ich jetzt.

Wie kommt man als Auszubildender an ein Auslandspraktikum?

Über das EU-Programm Erasmus+. Dieses wurde vor ein paar Jahren speziell für Auszubildende bzw. Berufstätige entwickelt. Der Name ist eine Anlehnung an das schon lange existierende Studentenaustauschprogramm Erasmus.

Im Falle eines Azubis wird der Kontakt zur Aufnahmeorganisation durch die Berufsschule des Azubis hergestellt. Da meine Berufsschule die Auslandspraktika zu dieser Zeit noch nicht anbot, haben wir Kontakt mit einer Schule in Essen aufgenommen. Eine Kollegin von mir ist dort zur Schule gegangen und hat im Laufe ihrer Ausbildung ein Praktikum in Kärnten gemacht.

Da mir Österreich zu bergig war, fragte ich, ob es nicht vielleicht noch ein bisschen weiter nördlich gehen würde. Tatsächlich wurde mir ein Praktikum in Westschweden angeboten.

Und warum Schweden?

Erstens: Warum nicht?

Zweitens: Deshalb:

Die Stadt Borås
Marktplatz Borås (Foto: Martin Briel)
Blick vom Wasser auf die Stadt Munksjön
Munksjön, Jönköping (Foto: Martin Briel)
Blick auf den Vätternsee
Vättern, Jönköping (Foto: Martin Briel)

Nach einem Vorbereitungsseminar und nie enden zu scheinendem Papierkram, ging es dann am 29. Oktober endlich los. Ich war entspannter, als ich angenommen hatte. Obwohl meine „längste“ Auslandserfahrung bis dato die 5 Tage waren, die ich alleine in England verbracht habe, um meinen ehemaligen Austauschschüler zu besuchen und ich in Schweden niemanden kannte, fiel die gesamte Anspannung von mir ab, als ich im IC nach Hamburg saß und mir bewusst wurde, dass es jetzt los gehen würde.

Und ja, ich bin nicht nach Schweden geflogen. Natürlich wäre es weitaus einfacher gewesen von Köln oder Düsseldorf nach Göteborg zu fliegen, aber bevor ich gesunden Geistes in ein Flugzeug steige, müsste die Welt untergehen.

Am nächsten Tag kam ich mittags in meiner über Airbnb gemieteten Wohnung in Borås (übrigens Buros gesprochen) an. Am Tag darauf ging es auch schon zum ersten Mal in die dortige Universität. Obwohl Borås „nur“ eine 100.000 Einwohner Stadt ist,  gibt es dort eine Universität. Sie gliedert sich in drei Fakultäten:

  • Fakultät für Textil, Technik und Wirtschaft
  • Fakultät für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt
  • Fakultät für Bibliothek, Information, Bildung und IT
Kartenausschnitt der Lage von Borås in Schweden
Lage von Borås in Schweden

Die dortige Bibliothek wird von den insgesamt ca. 13.000 Studierenden und Angestellten genutzt. Meine Aufgaben dort bezogen sich zum einen auf Tätigkeiten in der Bibliothek, wie zum Beispiel aussortieren (genannt makulieren) von Monographien, den Teilnahmen an Sitzungen und Meetings oder den Hospitationen bei allen Kolleginnen und Kollegen. Zum anderen gab es vorgegebene Aufgaben des ERASMUS+ Programms. Diese bestanden aus der regelmäßigen Führung eines Tagebuchs, dem Führen eines Interviews mit irgendeiner Person aus dem näheren ausländischen Umkreis, dem Erstellen von zwei großen PowerPoint-Präsentationen über die Qualitätssicherung im eigenen und dem ausländischen Betrieb und vielen, vielen anderen. Eigentlich unglaublich, wenn man bedenkt, dass alle diese Arbeiten nun für etliche Jahre auf einem Server in Brüssel vor sich hin vegetieren, bevor sie dann gelöscht werden …

Neben den ganzen Ausflügen ins Umland und nach Dänemark, der sehr abwechslungsreichen Arbeit und dem regelmäßigen „Fredags-Fika*“, gab es auch unschöne Seiten an dieser Zeit.

*Anmerkung des Autors: Fredags-Fika: Fredags heißt Freitag. Fika ist die schwedische Version einer Kaffeepause. Es ist eine soziale Institution! Neben übers Wetter reden und über das Kleid der Königin lästern … Jeden Freitag bringt jemand etwas zu essen mit; das ist meistens etwas Süßes. Man „feiert“ quasi, dass man die Woche erfolgreich hinter sich gebracht hat.

Nun zu den wenigen unschönen Dingen:

Ich hatte in der regnerischsten Stadt Schwedens keinen Regenschirm dabei . Als ich mir dann einen kaufte, hat es natürlich nicht mehr geregnet.

Ich erkältete mich und hatte Medizin gegen ALLES dabei (wie Mütter eben so sind). Nur nichts gegen Schnupfen.

Ich habe meine Brille einmal in der Mitte durchgebrochen. Glücklicherweise hatte ich eine Ersatzbrille dabei. Dass Fika eine soziale Institution in Schweden ist, merkte ich am Tag darauf. Nachdem ich ein paar Kollegen erzählte, was mir widerfahren war, wussten es am Mittag alle.

Eine zerbrochene Brille
(Foto: Martin Briel)

Nach 6 Wochen ging es Ende Oktober leider schon wieder zurück. Ein paar Monate wäre ich gerne noch geblieben. Wegen der Kolleginnen und Kollegen, dem Essen, der Natur und dem Land.  Aber ich werde zurückkommen. Definitiv!


Praktikumsbericht unserer Auszubildenden in Österreich:
http://www.zbmed.de/fileadmin/user_upload/Profil/PDFs/Hand_in_Hand_durch_die_Alpen-mit_Logo2.pdf

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Marina Pohle

    Toller Praktikumsbericht! Erinnert mich an meine Ausbildungszeit. Hatte damals auch mal von der Uni in Boras gehört und war fasziniert von der Fakultät für Gesundheit/Wohlfahrt. Meine Ausbildung zur Krankenpflegerin hatte ich vorher gemacht und mich dann aber doch gegen Schweden entschieden. Jetzt wo ich die Bilder sehe, bereue ich das ein wenig.
    LG Marina

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