Data Policies bei wissenschaftlichen Verlagen

Von Birte Lindstädt und Robin Rothe

Data Policies werden seit einigen Jahren zunehmend als wichtiges Instrument zur Regelung und Optimierung des Managements von Forschungsdaten angesehen. Bereits 2011 veröffentlichten Heinz Pampel und Roland Bertelmann einen Beitrag zu verschiedenen Formen von Data Policies sowohl im disziplinären, wie auch im interdisziplinären Bereich der Wissenschaft. Darin bieten sie einen Überblick über bereits existierende Data Policies, sowie aktuelle und künftige Herausforderungen für die Policies (1). So veröffentlichte die DFG im Herbst 2015 die aktuelle Fassung ihrer „Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten“ (2) . Diese resultieren aus den 2008 erstmals verabschiedeten und 2009 veröffentlichten „Empfehlungen zur gesicherten Aufbewahrung und Bereitstellung digitaler Forschungsprimärdaten“ (3). Die Umwandlung von Empfehlungen zu Leitlinien zeigt bereits, wie wichtig das Thema mittlerweile genommen wird.

Bei uns entstand nun die Frage: Wie gehen wissenschaftliche Verlage mit der Publikation von Forschungsdaten um? Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Verlage auch in Zeiten von institutionellen Repositorien, disziplinären Portalen und OA-Journals von freien Initiativen und Institutionen immer noch eine bedeutende Rolle in wissenschaftlichen Publikationsprozessen spielen, kommt deren Umgang mit (Forschungs-)Daten eine nicht zu unterschätzende Bedeutung bei der Verbesserung der guten wissenschaftlichen Praxis zu. Bei Pampel und Bertelmann werden bereits Journal Policies in einem eigenen Unterkapitel erwähnt. Zum einen beschränken diese sich jedoch auf wenige Beispiele, zum anderen – bis auf Nature – auf publizierende Einrichtungen außerhalb des wissenschaftlichen Verlagswesens (4).

ZB MED hat in diesem Zusammenhang wissenschaftliche Verlage aus den Lebenswissenschaften dahingehend überprüft, inwiefern diese über Data Policies verfügen. Dabei wurden die Verlagsseiten und deren Umfeld von Springer-Nature, Elsevier, Wiley, BiomedCentral, Sage Publications und DeGruyter analysiert. Zusätzlich wurde PLOS als Non-Profit-Projekt zur wissenschaftlichen Publikation aufgrund der Bedeutung insbesondere von PLOS One mit in die Untersuchung aufgenommen. Inhaltlich ging es erstens darum zu überprüfen, welche Verlage überhaupt eine Data Policy haben, und zweitens darum im nächsten Schritt zu erörtern, was in den jeweiligen Policies festgehalten wurde. Dabei stellte sich insbesondere die Frage, ob und inwiefern die Publikation den Textveröffentlichungen zugrundeliegender Daten Voraussetzung für die Annahme von Artikeln ist.

Tabelle: Data Policies der Verlage
Data Policies der Verlage

Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, haben von den sieben untersuchten Anbietern drei keine journal-übergreifende Data Policy. Wiley verweist auf die Data Policies der zugehörigen Zeitschriften. Sage Publications und DeGruyter haben keine Hinweise auf etwaige Data Policies.

Tabelle: Data Policies der Verlage

Wie man der Tabelle entnehmen kann, gehen die Anbieter unterschiedlich mit dem Thema um. Springer Nature bietet ganz im Sinne des Dienstleistungsprinzips für jeden Bedarf unterschiedlicher wissenschaftlicher Communities eine Standard-Policy an. Laut eigener Aussage wird damit das Ziel verfolgt, Autorinnen und Autoren je nach Vorgaben der Förderungsorganisationen und den disziplinspezifischen Regelungen die Möglichkeit zu bieten, auf Springer Nature zu publizieren. Hierfür hat man ein Baukastensystem für die Zeitschriftenbetreiber entwickelt, das jede Eventualität abdeckt (5). Auf Grund dessen bietet sich dieses System bestehend aus vier Policy-Typen als Vergleichsmöglichkeit mit den Data Policies anderer wissenschaftlicher Verlage an.

Auszug aus SpringerNature (2016)
SpringerNature (2016). Overview of the policies.

Die Policy von PLOS ist demzufolge vergleichbar dem Typ 4 mit der Einschränkung, dass ein Peer-Review-Verfahren für die Daten nicht vorgesehen ist. Zwar werden bei PLOS Ausnahmen in der Data Policy benannt, diese sind aber als sehr restriktiv (nur für den Fall von Datenschutzverletzungen bei Veröffentlichung der Daten) zu bewerten. Eine Zurückhaltung der Daten aus persönlichen und/oder kommerziellen Gründen wird kategorisch ausgeschlossen. Die Data Policy von BiomedCentral ist dem Typ 3 zuzuordnen und die von Elsevier als schwächste Form dem Typ 1. Alle vier Verlage bieten ergänzend Hilfe bei der Umsetzung von Datenveröffentlichungen an. Die Angebote reichen von FAQs über Listen von potenziellen Repositorien bis hin zu eigenen Infrastrukturen zur Datenpublikation.

In Anbetracht der noch sehr unterschiedlichen Datenkultur in den einzelnen Disziplinen und der Tatsache, dass sowohl die deutschen Forschungsförderer und die EU als auch die Hochschulrektorenkonferenz disziplinübergreifend ebenfalls lediglich die Publikation von Daten empfehlen, ist es positiv, dass diese vier Verlage bereits eine Data Policy haben. Auch darf nicht vergessen werden, dass viele Editorial Boards ihren Journals eigene Data Policies auf der Grundlage der jeweiligen disziplinären Ausrichtung gegeben haben.

Die Frage ist, was die Verlage motiviert, solche Policies aufzusetzen? Sicherlich spielt die Ausweitung des Dienstleistungsspektrums hier ebenso eine Rolle wie das Ziel einer Erweiterung des bereitgestellten Contents. Die Autoren und Autorinnen müssen den politischen Anforderungen beim Umgang mit Forschungsdaten zunehmend folgen, indem sie Datenpublikationen vorsehen. Die Leser haben Interesse an transparent dargestellten Forschungsergebnissen und somit auch an den verwendeten Daten. Somit bedienen die Verlage mit den Data Policies Kundeninteressen.


(1) Vgl. Pampel, H. & Bertelmann, R. (2011). „Data Policies“ im Spannungsfeld zwischen Empfehlung und Verpflichtung. In S. Büttner, H.-C. Hobohm & L. Müller (Hrsg.), Handbuch Forschungsdatenmanagement (S. 49 – 61).

(2) Vgl. DFG (2015). Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten.

(3) Vgl. DFG (2009). Empfehlungen zur gesicherten Aufbewahrung und Bereitstellung digitaler Forschungsprimärdaten.

(4) Vgl. Pampel, H. & Bertelmann, R. (2011). „Data Policies“ im Spannungsfeld zwischen Empfehlung und Verpflichtung (S. 56 – 57). In S. Büttner, H.-C. Hobohm & L. Müller (Hrsg.), Handbuch Forschungsdatenmanagement.

(5) Vgl. Hrynaszkiewicz, I. (2016): Promoting research data sharing at Springer Nature. BioMed Central Blog.
Dieser Blogbeitrag wurde zeitgleich von Scott Epstein auf dem SpringerOpen blog (http://blogs.springeropen.com/springeropen/2016/07/05/promoting-research-data-sharing-springer-nature/ )  und Lilienne Zen auf „of schemes and memes – a community blog from nature.com“ veröffentlicht.

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